Das Neue Rathaus wurde im Jahr 1908 errichtet. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde ein Aufzug von Firma Flohr aus Berlin installiert. Bis zum Jahr 2007 transportierte der Aufzug in der warmen Jahreszeit, noch immer in seiner ursprünglichen Konfiguration, viele Besucher aus aller Welt zu den Aussichtsplattformen der Kuppel.

Das Rathaus liegt auf dem Roten Faden in Hannover, der Besucher zu allen Sehenswürdigkeiten der Stadt führt. Ein großer Teil der Besucher kommt allein wegen der Aufzugtechnik zum Rathaus, da man den gebogenen Schacht und auch den Maschinenraum durch die verglaste Kabine gut sehen kann. Ein absolutes Novum an dieser Anlage ist der gebogene Fahrverlauf des Fahrkorbes, bei dem der Fahrkorb seitlich um fast 10 m versetzt. Dabei kippen Fahrkorb und auch der Boden um 16°. An zwei Tragseilen wurde der Fahrkorb mit Seiltrommeln bewegt. Zwei schmale Gegengewichte entlasteten dabei den Antrieb. Das Hängekabel wurde mit einem Spanngewicht in einem Führungsschienensystem geführt. Sowohl der Fahrkorb, wie auch die beiden Gegengewichte besaßen Fangvorrichtungen mit im Bogen geführten Auslöseseilen. Die Aufzugführungsschienen bestanden aus stark gefettetem Holz. Sobald die Fangvorrichtung ausgelöst wurde, mussten zwangläufig die dabei geopferten Teilstücke der Holzschienen ersetzt werden. Die Holzschienenstücke waren teilweise mit Dampf vorgebogen worden. Unterhalb von 10°C wurde der Aufzug nicht mehr betrieben, weil das Fett an den Schienen zäh wurde und deshalb die Kabelnachführung unsicher wurde und bei tieferen Temperaturen sogar Schäden am Holz durch Ausreißen von vereisten Stücken entstanden sind und auch die Absturzsicherungen oftmals viel zu früh auslösten.

Der im Winterhalbjahr 2007/2008 sanierte Aufzug hat denselben Fahrverlauf. Die Holzschienen wurden durch gebogene T-Schienen ersetzt. Die Gegengewichte sind entfallen wie auch alle Auslöseseile der Fangvorrichtungen und das Hängekabel. Sämtliche Steuerbefehle werden von und zum Fahrkorb per kodiertem Funkbefehl übertragen. Die Stromversorgung erfolgt über Schleifbahnen, so wie sie im Karussellbau verwendet werden. Als Absturzsicherung wurde erstmalig eine mitreisende traktionsbetriebene Fangvorrichtung montiert. Vor seiner Sanierung hatte der Aufzug zwei kleine Fenster im Fahrkorbdach, die den Fahrgästen den gut beleuchteten Schacht über sich zeigten. Um das Fahrerlebnis zu steigern, wurde nun auch der Fahrkorbboden mit zwei Fenstern versehen und im Fahrkorbdach wurde eine einzelne große Scheibe eingesetzt.

Weil nicht alle Fahrgäste den Blick durch den Fußboden nach unten haben möchten, wurden unter die Fenster LCD-Folien gelegt, die nur auf Knopfdruck des Aufzugführers durchsichtig geschaltet werden können. Die speziell rutschfesten betretbaren Bodengläser werden zwei mal im Jahr ersetzt, damit der freie Durchblick nicht durch Verkratzungen gestört wird.

Erst seit 2008 hat der Aufzug vollautomatische Teleskopschiebetüren. Da der Fahrkorb und somit dessen Fahrkorbtür bis zu 16° kippt, wurden alle Fahrschachttüren entsprechend modifiziert und gleichermaßen schräg eingebaut. Der Aufzug kann technisch zu jeder Jahreszeit gefahrlos als Selbstfahrer oder mit Führersteuerung betrieben werden. Aufgrund von Eis und Schnee in den Aussichtsplattformen wird der Aufzugsbetrieb während des Winters eingestellt.

 

Besonderheiten

  • Bogenaufzug, 8 m Versatz bei 50 m Hub (kein linearer Fahrverlauf).
  • Türen schräg angeordnet.
  • Evakuierung in das EG über Akkumulatoren.
  • Umbauarbeiten im laufenden Rathausbetrieb währen 5 Monaten im Winter.
  • Keine Bohr- und Stemmarbeiten an der Bausubstanz (Denkmalschutz).
  • Fenster im Fahrkorbboden (abdunkelbar) und -dach.
  • Gebogene Fahrschienen.
  • Funksteuerung.
  • Schleifbahnen aus dem Karussellbau
  • Rettung Eingeschlossener durch Hinaufzihen des gesamten Fahrkorbes mit einer Notfallwinde
  • Sämtliche Aufzugteile müssen durch die untere Schachttür transportiert werden.

 

Fakten

Aufzugstyp: Trommelaufzug ohne Gegengewicht
Tragkraft : 525 kg / 6 Personen
Haltestellen: 5 wechselseitig
Bauherr: Stadt Hannover
Nutzer: Rathaus Hannover, Fremdenverkehrsverband
Architektur: Gebäudemanagement der Landeshauptstadt Hannover

Ansicht vom Süden

RH-Südansicht

Pressekonferenz zur Inbetriebnahme; u. a. mit Stephan Weil und Hans Mönninghoff

RH_Pressetermin

Einziges vorhandenes Grundrissfragment (Stadtarchiv)

RH_Grundrissfragment

Einziges vorhandenes Höhenschnittfragment (Stadtarchiv)

RH_Höhenschnittfragment

 

Alte Grafitti am Rettungsweg, teilweise in Kanzleischrift

RH_Grafitti

Sanierung Bogenaufzug